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Marktkommentar Juni 2025

„Sell America“ - ein synchrones Misstrauensvotum gegen die USA

  • Der gleichzeitige Verkauf von US-Aktien, Anleihen und US-Dollar beunruhigt die Anleger
  • Europa steuert dank expansiver Geld- und Fiskalpolitik auf eine Stabilisierung zu
  • Chinas strukturelle Probleme bleiben erhalten

Politische Schocks, makroökonomische Verschiebungen und überraschende Kursbewegungen entgegen bekannten Mustern prägten die globalen Kapitalmärkte in den vergangenen Wochen. Sorgen um die Tragfähigkeit der künftigen US-Schulden, die Zoll- und Handelsentwicklung, die sich verschlechternde Wirtschaftssituation in China und der unstetige Führungsstil Donald Trumps versprechen unruhige Sommermonate. 

Das große Misstrauen in die Lage zeigte sich auch im sogenannten „Sell America“-Trade. In ungewöhnlicher Parallelität verkauften Investoren amerikanische Aktien, Staatsanleihen und US-Dollar. Trotz temporärer Aussetzung der kurz zuvor verkündeten, neuen massiven Importzölle auf Produkte aus Asien und Europa, ließ die erratische Handelspolitik der Trump-Administration viele Unternehmen verunsichert zurück. Zudem goss Präsident Trump auch noch Öl ins Feuer, indem er – vergeblich – den Druck auf die US-Notenbank Federal Reserve erhöhte, ihre geldpolitische Unabhängigkeit zugunsten von Zinssenkungen aufzugeben.

In der Folge eskalierte der Vertrauensverlust internationaler Anleger und die Reaktion der Kapitalmärkte fiel entsprechend heftig aus: Der S&P 500 verlor zwischenzeitlich über 4 %, während US-Staatsanleihen, die sonst in Krisenzeiten als sicherer Hafen dienen, ebenfalls unter Abgabedruck gerieten. Die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihe stieg in der Spitze auf über 5,1 %, ein Niveau, das zuletzt vor über 15 Jahren erreicht worden war. Der US-Dollar geriet ebenfalls unter Druck. Der Dollar-Index, der den Greenback gegen sechs Hauptwährungen misst, fiel, bedingt durch Kapitalabflüsse und Absicherungsstrategien institutioneller Investoren, im Monatsverlauf um über 3%. Gold, als Krisenwährung, profitierte hingegen und markierte mit über 2.450 US-Dollar je Feinunze ein neues Allzeithoch.

Gleichzeitig wirkten die geplanten Steuersenkungen des „One Big Beautiful Bill“ als Brandbeschleuniger. Sie dürften das staatliche Budgetdefizit über mehrere Jahre auf 6-7% der jährlichen Wirtschaftsleistung heben sowie die Staatsverschuldung und die Zinslast mittel- und langfristig immens ausweiten. Diese Aussichten führten dazu, dass mit Moody’s die letzte der drei großen Ratingagenturen den USA die „AAA“-Bestnote für ihre Schulden entzog.

Insgesamt war der Mai somit ein Monat, in dem politische Risiken die wirtschaftliche Lage überlagerten. Die Kapitalmärkte reagierten zunehmend empfindlich auf Nachrichten aus Washington, während traditionelle Abhängigkeiten zwischen Aktien, Anleihen und Währungen teils ins Negative kippten – ein Signal dafür, dass Anleger ihre Strategien in einem veränderten makroökonomischen Umfeld neu kalibrieren.

Viel hängt nun davon ab, ob die am Liberation Day kommunizierten Zölle durch kurzfristige Handelsdeals gemildert oder abgewendet werden. Als eine Blaupause könnte das am 8. Mai bekanntgegebene Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien dienen. Sofern es mit der Europäischen Union und China zu ersten, vielleicht noch recht grob strukturierten Einigungen kommt, ist die globale Konjunktur unseres Erachtens robust genug, eine Rezession zu umgehen. Auch die globale Preisdynamik dürfte sich dann rasch entspannen, da sich viele Firmen mit massiven Lageraufstockungen für temporäre Handelsunterbrechungen gerüstet hatten. Bei einer nur moderaten Wachstumsabschwächung und mit dem Rückenwind anhaltender Investitionen in künstliche Intelligenz und Datencenter stehen die Chancen gut, dass die Aktienmärkte ihre Aufwärtsentwicklung wieder aufnehmen.

Wir glauben nicht, dass die Dollarschwäche bereits ihr Ende gefunden hat, erwarten aber, dass sich das Ausmaß und Tempo der Abwertung angesichts fehlender, ausreichend liquider Alternativen abschwächen wird.

In Europa zeigte sich ein deutlich differenzierteres Bild. Der DAX erreichte im Mai mit über 24.000 Punkten ein neues Rekordhoch, angetrieben von militärisch und technologisch ausgerichteten Werten wie Rheinmetall und Siemens. Dennoch wirkt die wirtschaftliche Basis in der Eurozone brüchig, die Unternehmensstimmung zeigt keine Erholung der wirtschaftlichen Aktivität an und das Wirtschaftswachstum blieb dank schwacher Industrieproduktion mit rund 1% hinter den Erwartungen zurück. Nichtsdestotrotz lassen eine weiter sinkende Inflation, die der Zentralbank Spielraum für Zinssenkungen gibt, und die Auflegung massiver Fiskalprogramme hoffen, dass die Abwärtsrisiken für Europa nun deutlich begrenzt sind.

In China hingegen verschärfte sich das makroökonomische Bild. Die Wirtschaft kämpft mit strukturellen Problemen: einer Immobilienkrise, mangelnder Konsumnachfrage und deflationären Tendenzen. Das Wachstum fiel auf geschätzte 4,6 % im Jahresvergleich und die Konsumentenpreise stagnierten. Hoffnung schöpften die Märkte aus einer diplomatischen Einigung mit den USA zur schrittweisen Reduktion gegenseitiger Zölle. Dennoch verharrten chinesische Aktien weitgehend in Seitwärtsbewegung – Investoren fordern mehr fiskalische Impulse und regulatorische Stabilität.

Torsten Steinbrinker ist CEO, Adrian Roestel Leiter Portfoliomanagement der Reichmuth & Co Integrale Vermögensverwaltung AG.

Düsseldorf/München, 04. Juni 2025

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Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um eine Marketing-Kommunikation der Reichmuth & Co, Maximilianstraße 52, 80538 München, die reinen Informationszwecken dient und nicht den Anspruch auf vollständige Darstellung erhebt. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Finanzprodukten dar und ersetzt nicht die Beratung und Risikoaufklärung durch Ihren persönlichen Berater. Individuelle Steuer- und/oder Rechtsfragen bitten wir Sie, bei Bedarf mit einem Angehörigen der steuer- und/oder rechtsberatenden Berufe zu besprechen. Obwohl diese Unterlagen mit großer Sorgfalt erstellt wurden, kann Reichmuth & Co keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Zweckmäßigkeit des Inhalts übernehmen. Die Haftung wegen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit bleibt unberührt.

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Pressekontakt:
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